Referat, gehalten im Sternfreundeseminar 2000 im Wiener Planetarium / Mucke

Beobachtungsmöglichkeiten auf der Wiener Urania Sternwarte - neue himmelskundliche Bildungswege

Von Prof.Hermann Mucke.

Durch neue technische und didaktische Möglichkeiten kann das Angebot einer öffentlich zugänglichen Sternwarte mit Bildungsauftrag erheblich gesteigert werden. Wie dies auf der Wiener Urania Sternwarte versucht wurde, soll in diesem Referat gezeigt werden. Sie ist die älteste Sternwarte Österreichs im Bildungseinsatz und zählt gleichzeitig heute wohl zu den modernsten Einrichtungen ihrer Art.

Inhaltsverzeichnis:

1. Absicht
2. Problematik
   2.1 Kuppel
   2.2 Erreichbarkeit der Fernrohr-Einblicke
   2.3 Einblick
   2.4 Fokussierung
   2.5 Technik
   2.6 Totzeiten
3. Neue Bildungswege unter der Kuppel: Astrophysik
   3.1 Erstes Hauptfernrohr, Zeiss 20/308cm, 1910 bis zur Zerstörung 1944
   3.2 Turm mit Kuppel und Meridianhaus nach dem Wiederaufbau
   3.3 Doppelfernrohr für astrophysikalischen Bildungseinsatz in der Großstadt
   3.4 Besondere Kennzeichen des Doppelfernrohres für Astrophysik
   3.5 Einzelheiten zur Optik und zu den Nebengeräten des Doppelfernrohrs
   3.6 Projektionsanlage unter der Kuppel
4. Neue Bildungswege: Vervollständigung durch Astrometrie
   4.1 Das Passageninstrument
   4.2 Nebengeräte zum Passageninstrument
   4.3 Beobachtungen am Passageninstrument im Meridian
   4.4 Beobachtungen am Passageninstrument im Ostwestvertikal
   4.5 Beobachtungen mit dem Horrebow-Ansatz am Passageninstrument
   4.6 Weitere astrometrische Instrumente

 


1. Absicht

Jeder Besucher einer öffentlich zugänglichen Sternwarte erwartet in erster Linie, Himmelsobjekte und Himmelsvorgänge in Natur zu erleben, vor allem mit den auf einer solchen Einrichtung vorhandenen Beobachtungsinstrumenten. Die zu den gezeigten Objekten gegebenen Erklärungen sollten auch deren Bedeutung im himmelskundlichen Weltbild und letztlich dieses selbst nach Möglichkeit beschreiben. Dann wird in manchen Fällen sogar die Hoffnung nicht enttäuscht, daß weitergehendes Interesse geweckt und eigene Beobachtungen versucht werden - oft mit gutem Erfolg. Arbeitsschwerpunkt ist daher die Beobachtung.

 

2. Problematik

In der Bildungsarbeit auf einer Sternwarte treten erfahrungsgemäß folgende Probleme auf:

2.1 Kuppel

Die Kuppel einer Sternwarte verdeckt den Himmel zum größten Teil und es verbleibt nur deren Spalt zum Blick auf den Himmel. Damit ist zunächst der interessierende Gegenstand, der Himmel, bis auf das gerade gezeigte Objekt und seine unmittelbare Umgebung unsichtbar. Viele Besucher können von ihrem Kuppelplatz nicht einmal diese Himmelsstelle sehen.

Ferner ist die von den Besuchern erzeugte Wärme die Quelle starker Luftunruhe. Die erwärmte Luft zieht ja durch den Kuppelspalt hinaus. Besonders tritt dies im Winter, bei Fernrohren mit kurzem oder Gittertubus und bei den erwünschten größeren Besucherzahlen ein.

2.2 Erreichbarkeit der Fernrohr-Einblicke

Eine Treppe oder gar eine Leiter ist im Dunkel erschwerend und manchmal auch gefährlich, vor allem für ältere Besucher. Sie nimmt ferner kostbaren Platz unter der Kuppel weg, muß beweglich und dabei sicher sein. Bei steilem Einblick ergibt sich eine verkrampfte Haltung.

2.3 Einblick

Besucher vor dem Fernrohr greifen oft an das Okular, um das Auge sicher an den Einblick zu bringen und dort zu halten. Das kann zu Schwingungen oder zur Verstellung des Fernrohrs führen, besonders, wenn dessen Lage unbequem ist. Bei zu kleinem Augenabstand tritt eine Sehfeldbeschränkung ein; auch ist das Anstoßen der Wimpern sehr unangenehm.

2.4 Fokussierung

Gelegentlich wollen oder müssen Besucher für scharfe Wahrnehmung des Objektes individuell nachfokussieren. Das bedeutet meist, daß der nächste Besucher das wieder tun muß. Dadurch geht nicht nur Zeit verloren, sondern es kann auch nicht mehr gewährleistet werden, daß alle Gäste die Objekte bestens sehen.

2.5 Technik

Technische Mängel an der Montierung bringen bei Stößen Schwingungen oder Verstellung des Rohres mit sich. Mangelhafte Nachführung oder Aufstellung erfordert immer wieder Nachschau und gegebenenfalls Korrektur der Einstellung. Strapazierend ist es, wenn die Montierung stark verschiedene Einblicklagen bedingt. Nachteilig ist, wenn bei gewissen Einstellungen - wie etwa bei einer Gabelmontierung - der Einblick eine Ablenkoptik erfordert; eine Seitenverkehrung beeinträchtigt den Kartengebrauch und den Anschaulichkeitswert.

2.6 Totzeiten

Besonders bei vielen Besuchern ergeben sich für den Einzelnen Totzeiten bis zum Einblick in das Fernrohr. Langeweile und - vor allem bei Schulklassen - Unruhe ist die Folge. Das tritt auch beim Umstellen auf ein neues Objekt ein, denn die Drehung der Kuppel und das Ein- und Scharfstellen braucht Zeit. Auch bei der Einstellung nach Teilkreisen und besonders bei Tagbeobachtungen, wenn gar noch der Fokus gesucht werden muß, können Totzeiten eintreten. Im Publikum, das meist stehen muß, entsteht Unlust "weil nichts geschieht".

 

3. Neue Bildungswege unter der Kuppel: Astrophysik

3.1 Erstes Hauptfernrohr, Zeiss 20/308cm, 1910 bis zur Zerstörung 1944

Die "Meyer-Montierung" hatte kleine Einblickwege und große Stabilität. Zusatzoptiken (Kameras...) waren leicht ansetzbar, nachteilig aber der Platzbedarf für Balanziergewichte (35).

Meyer-Montierung

Die Kuppel hatte 6,3m Durchmesser und einen einseitig abdrehbaren Spalt von 1,2m Breite.

 

3.2 Turm mit Kuppel und Meridianhaus nach dem Wiederaufbau

Turm mit Kuppel

Kuppel: 7,3m Durchmesser, 34 Quadratmeter nutzbare Bodenfläche. Torspalt im Südosten des Turmes öffnet bis 2,0m, ermöglicht das Doppelfernrohr. Ventilation daher vorzüglich. Laterne: 12 Fenster sowie Uhren und Computer.

Das Meridianhaus steht im Südosten des Turmes auf der Dachterrasse, die Beobachtung von Sternbildern etc. ermöglicht. Bis zum 4. Stock leicht zugänglich mit Aufzug!

Laterne und Kuppel wurden in den Jahren 1956/1957 von der Stadt Wien wieder errichtet. Letztere besteht aus Aluminium und dreht motorisch um 360° in 2 bzw. 4 min. Ihr zweiteiliger Torspalt öffnet und schließt ebenfalls motorisch, sein Unterrand liegt 1,57m über dem Kuppelboden. Alle Bewegungen können auch händisch ausgeführt werden. Der äußere Kuppelscheitel befindet sich 35m über dem Straßenniveau und 6,2m über dem Kuppelboden.

Das Meridianhaus wurde 1976 dank einer Sternenboten- Spendenaktion und aus Eigenmitteln der Wiener Urania mit einem einseitig abschiebbaren Spalt von 1,0m Breite modern saniert und das Passageninstrument neu aufgestellt. Ein neuartiger Verschleißkopf am Pfeiler ermöglicht die wahlweise Aufstellung im Meridian oder im Ostwest- Vertikal.

 

3.3 Doppelfernrohr für astrophysikalischen Bildungseinsatz in der Großstadt

Dank einer Erbschaft nach Herrn Wilhelm Rusch aus Lochau (Vorarlberg) und aus Eigenmitteln der Wiener Urania wurde ein spezielles Doppelfernrohr in Eigenregie geplant und in den Jahren 1978 bis 1980 Stück für Stück in der Maschinenfabrik Franz Baumgärtl in Wiener Neustadt in Eigenregie erstellt.

Es war gelungen, Herrn Ing.Rudolf Pressberger (Institut für Astronomie der Universität Wien; heute Technischer Leiter des Leopold Figl Observatoriums für Astrophysik auf dem Schöpfl) als Konstrukteur für das Doppelfernrohr zu gewinnen. Er hat auch privat eine außerordentliche Leistung durch den Bau eines RC-Teleskops 100/880cm vollbracht. Zu dessen wissenschaftlichem Einsatz siehe z.B. hier Referat "Zur Rotation von Kometenkernen ..." und in den Seminarpapieren 1995 "Supernova- Beobachtungen ...").

Dank meines Lehrers in der himmelskundlichen Bildung, Univ.- Prof.Dr.Oswald Thomas (1881-1963), und den Erfahrungen, die ich mit dem 1957 aufgestellten Cassegrain- Teleskop 26/518cm auf der Wiener Urania Sternwarte seit 1971 im Führungsbetrieb machen konnte, entstand eine lange Liste von Wünschen, die zu einem modernen, sehr leistungsfähigen und speziell auf Bildungsaufgaben in der Großstadt zugeschnittenen Instrument führten.

Damit und mit modernen Medien ergeben sich neue Wege himmelskundlicher Bildung.

 

3.4 Besondere Kennzeichen des Doppelfernrohres für Astrophysik

Doppelfernrohr

 

3.5 Einzelheiten zur Optik und zu den Nebengeräten des Doppelfernrohrs

Manche Besucher besitzen selbst Beobachtungsinstrumente. Daher wurde angestrebt, ausser der besonderen, bequemen und problemlosen Montierung dem Doppelfernrohr auch eine spezielle Optik samt Nebengeräten zu geben.

3.5.1 Halbapochromatisches Refraktorobjektiv 15/300cm, f/20 (HA, Lichtenknecker):

Es besteht aus Kronglas Schott K5- 522 595 und Flintglas Schott KzFSN4- 613 443 (Kron voraus); alle vier Flächen sind vergütet. Es ist korrigiert auf:
Chromatische Längsaberration für die Wellenlängen 656nm und 486nm / Sphärische Aberration für die Wellenlänge 546nm / Achsnahe Koma (Erfüllung der Sinusbedingung) für die Wellenlänge 546nm.
Die chromatische Aberration, die bei einem entsprechenden Fraunhofer- Typ (FH von Lichtenknecker) bei stärkeren Vergrößerungen deutlich ins Auge fällt, muß hier, bei HA, erst gesucht werden: Sie beträgt bei f=3000mm auf der optischen Achse für die Wellenlängen:

                                 FH                           HA
Wellenlänge            Chromatische Aberration      Chromatische Aberration
      nm                         mm                           mm

    1014,0                     +11,72                       + 5,27
     852,1                     + 6,36                       + 3,18
     706,5 r                   + 2,33                       + 1,34
     656,3 C                   + 1,12                       + 0,65
     587,6 d                   + 0,11                       + 0,08
     546,1 e                     0                            0
     486,1 F                   + 1,08                       + 0,50
     435,8 g                   + 4,80                       + 2,78
     404,7 h                   + 9,93                       + 6,33
     385,0                     +15,24                       +10,18
     365,0                     +23,92                       +16,02

Bei 20% Lichtverlust an Objektiv und Okular ergibt sich dem freien Auge mit 4mm Pupillendurchmesser gegenüber ein Helligkeitsgewinn von 7,6mag.

3.5.2 Cassegrain- Spiegelsystem 30/535cm, f/18 (Aeppli):

Sowohl der Hauptspiegel 30/150cm (aluminisiert, verquarzt) als auch der Sekundärspiegel 9/- 500cm (aluminisiert) sind aus Zerodur und daher weitgehend temperaturunempfindlich.

Bei 30% Lichtverlust an Spiegelsystem und Okular ergibt sich dem freien Auge mit 4mm Pupillendurchmesser gegenüber ein Helligkeitsgewinn von 9,0mag.

3.5.3 Optisches Gelenk zur Sonnenprojektion auf die Kuppel-Projektionswand:

Zwei Zenitspiegel Z61 des Systems 64 werden nach Anregung von DI.A.Pikhard kombiniert. Sie ergeben am Refraktor in Lage östlich der Säule nahe Mittag mit den jeweiligen Projektionsoptiken Sonnenbilder in folgender Größe und Orientierung:

Brennweite der             Erdferne           Erdnähe
Projektionsoptik        Sonne Dm. Erde Dm. Sonne Dm. Erde Dm.
                           mm     mm             mm    mm
     150                  450     4             470    4
     115                  720     7             740    7
     110                  740     7             770    7
     100                  910     8             940    9

 Sonnenbild Orientierung
 Sonnenbild Orientierung


Sonnenprojektion auf die Kuppel-Projektionswand

3.5.4 Zeiss Polarisationshelioskop nach Colzi:

Dieses Zusatzgerät zeigt die Sonne in natürlichen Farben sowie astronomisch orientiert.

Zeiss Polarisationshelioskop nach Colzi

Ohne die Eintrittsöffnung abblenden zu müssen, liefert es in weitem Bereich stufenlos regelbare Bildhelligkeiten (wichtig bei Vergrößerungswechsel und auch bei verschiedenen Sichtbarkeitsverhältnissen, wie Sonnenhöhe oder Dunst). Zudem ist der Einblick bequem.

Das Sonnenlicht fällt auf einen unverspiegelten Glaskeil (1), der nur 5% davon in das 90°- Glas- prisma (2) reflektiert. Das Überschußlicht wird über den Planspiegel (5) abgeleitet. An die Hypotenusenfläche von (2) grenzt eine Flüssigkeitskammer (3) mit Membrane (6) und Füllschraube (7). Dort findet eine zweite Spiegelung und die Wiederaufrichtung des Bildes statt, dessen Intensität durch den Brechungsindex der Flüssigkeit in (3) bestimmt wird. Eine weitere Schwächung mittels Polarisation wird durch Drehung des ganzen Prismenkörpers im Lager (10) erzielt.

Dieses Helioskop ermöglicht präzise visuelle Beobachtungen und zeigt die Flecken mit Einzelheiten in den Penumbren, den Fackeln sowie die Granulation besonders rein und deutlich.

3.5.5 Vielschicht-Interferenzfilter für H-alpha :

Der Filter DayStar ATM mit einer Durchlaßbreite von 0,08nm (0,8Å) kann mit dem System 64 von Lichtenknecker verbunden werden und erlaubt die Beobachtung der Sonne im Restlicht der roten Wasserstoffline H-alpha (Fraunhofer C, 656,3nm).

Er darf nur an den Refraktor oder Sucher angeschlossen werden, nachdem der rote Filter vor dem Objektiv angebracht worden ist.

Die Justierstellungen für die Filterheizung sind: 8,0 Linienmitte / Für Verschiebung um 0,033nm (1/3Å) mit 7,0 in die blaue und mit 9,0 in die rote Flanke der C- Linie. Die Einstellung 9,0 darf nicht überschritten werden.

Klar treten nach etwa 15min Aufheizung des Filters das chromosphärische Netzwerk, die Chromosphäre und Filamente sowie fast immer Protuberanzen am Sonnenrand hervor. Manchmal kann man auch zu einem Flare zurecht kommen. Am Refraktor erfaßt der Filter mit dem Mittenzwey-Okular f = 70mm gerade noch die ganze Sonnenscheibe.

3.5.6 Spaltspektroskop - Sternspektroskop

Es kann ebenfalls mit dem System 64 verbunden und an allen Rohren verwendet werden.

Hinter der vollständigen Spaltmechanik liegt das Kollimatorobjektiv f = 60mm und das dreiteilige Amici- Prisma 27x27mm mit Stirnwinkel 45° sowie das Abbildungsobjektiv f = 80mm. Am Rohrende ist eine Steckhülse für Okulare mit 31mm Durchmesser angebracht. Besonders gut eignet sich für Spektralbeobachtungen das Okular WW mit f = 17,5mm.

Die nebenstehende Dispersionskurve stellt den Zusammenhang zwischen der Ablenkung und den Wellenlängen her. Prismenspektren dehnen gegen Blau und raffen gegen Rot; bei Gitterspektren ist der Zusammenhang linear. Im Spaltspektroskop können die Spektren flächiger Objekte beobachtet werden.

Gegen den - auch wolkigen - Taghimmel gerichtet, kann das Spaltspektroskop auch allein das Sonnenspektrum oder das Spektrum einer Lichtquelle vor dem Spalt zeigen. Wird zusätzlich zum Taghimmelslicht z.B. Natriumlicht erzeugt (in eine Propanflamme Kochsalz streuen), zeigt sich Übereinstimmung der D- Linien des Natriums hell in Emission (Flamme) und dunkel in Absorption (Sonnenatmosphäre). Lehrreich: Hinter dem H-alpha - Filter ist nur die C-Linie in ihrem Restlicht zu sehen.

Das Sternspektroskop erzeugt hinter dem Okular mit einem Prismensatz aus den punktförmigen Sternbildchen fadenförmige Spektren, die mit einer Zylinderlinse verbreitert werden.

3.5.7 Filter, innenseitig vor die großen Anschlußteile des Systems 64 zu schrauben:

Gelb: GG 385, GG 455, GG 495; Orange: OG 550; Rot: RG 610, RG 715; Grün: VG 6; Blau: BG 14, BG 38; Violett: BG 25; Ultraviolett: UG 1; Neutral: -2m, -5m

Diese 13 Filter passen alle innenseitig vor die Okulare mit f = 70, 45 und 35mm, die Zenitspiegel, die Shapleylinse 0,6x, Kameraansätze sowie vor den neuen Ansatz mit der Okular-Steckhülse mit 31mm Durchmesser.

3.5.8 Weitere Nebengeräte:

Vom Zeiss Refraktor sind Zenitprisma, Herschelprisma (für Sonnenbeobachtung), Kellner-Okular f = 40mm und 3facher Revolver mit Huygens-Okular f = 60mm, Orthoskop-Okular f = 35mm sowie Steckhülse für Okulare mit 25,0mm Durchmesser gerettet worden.

Vom System 64 wird verwendet: 3x Fokussiereinheiten+Verlängerung+Steckhülse 31mm; Okulare folgender Art und Brennweite: 3x Mittenzwey 70mm, 15mm, mit Fadenkreuz 40mm; Orthoskop 45mm, 25mm, mit Fadenkreuz 10mm, um Übervergrößerung zu zeigen, 3mm; Weitwinkel 35mm, 17,5mm; 2x große Zenitspiegel; Shapleylinse 06x; Demonstrationsokular mit Barlowlinse 3,5x; 4 Kameraansätze; Steckhülse 31mm Durchmesser ; Adapter für Okularprojektion.

Für System 64 wurden adaptiert: Weitwinkel-Okular 40mm, Zeiss Sternspektroskop mit Zylinderlinsen -6 und -12 Dioptr. an einem Huygens Okular 60mm und 3facher Revolver, s.o.

 

3.6 Projektionsanlage unter der Kuppel

Sie ist eine sehr wichtige Ergänzung der Fernrohrbeobachtung und verhindert die Problematik der "Totzeiten". Mitdrehend mit der Kuppel und fast gegenüber dem Spalt, stehen die Projektoren; auch die magnetische Projektions wand 2x3m neben dem Spalt dreht mit.

Das Netz- und das Datenkabel gehen von einer festen Speisestelle an der inneren Kuppelbrüstung zum Spaltoberand knapp nördlich des Zenits. Dort sind sie isoliert und mittels Spiralfeder elastisch befestigt. Aus einer frei hängenden Kabelschlaufe wird die durch die Kuppeldrehung geänderte Spannstrecke angepaßt.


Projektionsanlage unter der Kuppel

3.6.1 Diaprojektor Rollei 150W:

Er projiziert 5x5 Dias mit Rollei Vario Projar 70- 120mm. Eine kleine Elektronik samt Handset ermöglicht Diatransport, Nachschärfung und Helligkeitsregelung.

3.6.2 Video- und Datenprojektor:

Er steht neben dem Diaprojektor und besteht aus einem liegenden 400W Overheadprojektor, vor dem sich ein Echtfarben LC-Display Liesegang Color TFT837 befindet. Dieses wird mit einem Weitwinkel-Projektionsobjektiv auf die Projektionswand abgebildet. Nur ein solches Display ist - wie Erfahrung zeigt - robust genug, um den starken Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschieden unter der Kuppel standzuhalten. Es besitzt eine selten gebrauchte Infrarot-Fernbedienung. Der PC dazu steht in einem ventilierten Kasten in der Laterne.

So werden das Internet und das Wiener astronomische Softwarepaket URANIASTAR 1.1 (siehe Beilage) für die Erläuterung der gezeigten Objekte. für Animationen und besonders für die Einstellung des Teleskops öffentlich unter der Kuppel nutzbar. URANIASTAR 1.1, auf verläßlichen und aktuellen Grundlagen beruhend, ist seit 1988 auf der Wiener Urania Sternwarte und seit 1992 im Planetarium der Stadt Wien eingesetzt und auch zu probieren. Dazu gibt es ein genaues Handbuch.- Autoren: Ing.Michael Pietschnig und Wolfgang Vollmann.

 

4. Neue Bildungswege: Vervollständigung durch Astrometrie

Im Interesse einer ganzheitlichen himmelskundlichen Bildungsarbeit sollten auch astrometrische Grundlagen und Themen Beachtung finden - dies war Leitgedanke bei der Wiederaufstellung des Passageninstrumentes der Wiener Urania Sternwarte im Jahre 1976, siehe Sternenbote 3/1976. Sind doch selbst in der anspruchsvolleren Literatur grundlegende astrometrische Tatbestände nur kurz und meist didaktisch völlig unzureichend kommentiert.

Die Entwicklung seither gab mir recht: HIPPARCOS brachte auch hier einen großen Wandel.

4.1 Das Passageninstrument

Passageninstrument

 

4.2 Nebengeräte zum Passageninstrument

Wichtigste Nebengeräte sind eine Quarz- Vielfachstoppuhr "Heuer Microsplit 420" und eine Kleinquarzuhr Mauthe. In der Laterne laufen zwei Präzisionspendeluhren, "Satori 109" (Mittlere Zeit, MEZ) und "Strasser & Rhode 633" (Sternzeit), zu denen ein Chronograph (System Hipp) gehört. Zwei Marinechronometer, "Noris 445" und "Klumak 5115" lassen zusammen mit einem Lehrsextanten samt künstlichem Horizont historische Zeit- und Ortsbestimmungen nacherleben.

 

4.3 Beobachtungen am Passageninstrument im Meridian

Jede Beobachtung eines Gestirndurchganges durch den Meridian verbindet:

Je nach Vorgabe von zwei dieser Größen ist die dritte bestimmbar.

 

4.4 Beobachtungen am Passageninstrument im Ostwestvertikal

Jede Beobachtung eines Gestirndurchganges durch den Ostwestvertikal verbindet:

Setzen wir Rektaszension und geographische Länge als schon bekannt voraus, so bestimmen jeweils zwei der übrigen Größen die dritte.

So können diese Größen (4.3 und 4.4) nur durch Zeitbeobachtungen ermittelt werden.

 

4.5 Beobachtungen mit dem Horrebow-Ansatz am Passageninstrument

Unter Zuhilfenahme einer mikrometrischen Einrichtung läßt sich am Passageninstrument im Meridian auch die geographische Breite des Beobachtungsortes bestimmen - nach der Methode von Horrebow- Talcott. Sie benützt zwei Sterne, die hintereinander zenitnah auf verschiedenen Seiten des Zenits durch den Meridian gehen. Aus dem mikrometrisch gemessenen Unterschied der beiden möglichst kleinen Meridianzenitdistanzen dieser Sterne folgt mit deren Deklinationen die geographische Breite.


Horrebow-Ansatz am Passageninstrument

Je ein Meßbeispiel zur Bestimmung der Länge (4.3) und Breite (4.5) findet sich hier im Referat "Astrometrie mit dem Passageninstrument".

Genaue Uhrzeit und leistungsfähige Rechenhilfsmittel sind heute leicht erreichbar. Die Erfahrung zeigt immer wieder die außerordentliche Beeindruckung durch genaue Beobachtungsergebnisse, zu deren Verständnis und Ausführung eben der Erwerb astrometrischen Wissens erforderlich ist.

 

4.6 Weitere astrometrische Instrumente

Ein Universalinstrument mit 72mm Öffnung und ein Präzisionstheodolit mit 60mm Öffnung ergänzen die astrometrischen Geräte der Urania Sternwarte - beides wie der Chronograph dankenswerte Dauerleihgaben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen in Wien.

 


Pult im Meridianhaus beim Passageninstrument


Präzisionstheodolit DKM

Gute Zukunftsaussichten

Am 13.Juni 2000 wurde das Passageninstrument im Zuge der Sanierung der Wiener Urania sachkundig aus dem Meridianhaus entfernt und in der Laterne vorläufig als Schaustück aufgestellt. Die Sanierungspläne versprechen unter anderem auch, die Astrometrie an der Urania Sternwarte vielseitiger und erweiterter betreiben zu können.

 

Prof.Hermann Mucke, Leiter des Planetariums und der Urania Sternwarte, Oswald Thomas Platz, A- 1020 Wien.

(Autorisierte Wiedergabe aus den Seminarpapieren 2000. Alle Rechte Vorbehalten. Österreichischer Astronomischer Verein. Seite erneuert am 28.Mai 2014)