Grundlagen der Radioastronomie - vom Radar bis hin zum weltweiten Netz von Radioteleskopen

Von Dipl.Ing.Robert Vucsina, Wien.
Aus Sternenbote 3/2009.

Entdeckung

Während die freisichtige Himmelsbeobachtung so alt wie die Menschheit selbst ist und Fernrohre erst seit dem 17.Jahrhundert existieren, ist die Anwendung von Radiowellen ein sehr junger Zweig der Astronomie: Erstmals wurden 1931 Signale aus dem Kosmos empfangen, als Karl Guthe Jansky (1905 - 1950) mit der Aufgabe betraut wurde, eine gegen Störungseinflüsse möglichst unempfindliche Antennenform für die transatlantische Kommunikation zu finden. Jansky konnte durch Beobachtung die empfangenen "Signale" - ein ständiges Zischen - infolge der periodischen Wiederkehr der Maxima alle etwa 23h56min, entsprechend dem siderischen Tag, einem Ursprung in der Milchstraße zuordnen und kann damit als Begründer der Radioastronomie gelten.

Verwendete Wellenlängen/Frequenzen

Licht ist elektromagnetische Strahlung, für die das menschliche Auge sensitiv ist. Darin begründet ist die auch Astronomie, welche die Menschheit seit ihrem Anbeginn betrieb; auch die Erfindung des Teleskops nutzt nur die physikalischen Gegebenheiten des sichtbaren Lichts mit Wellenlängen zwischen etwa 390 und 770nm.

Das elektromagnetische Spektrum jedoch umfaßt einen wesentlich größeren Bereich an Wellenlängen / Frequenzen. In aufsteigender Wellenlänge (und fallender Frequenz) enthält es Gammastrahlen, Röntgenstrahlen, ultraviolette, sichtbare und infrarote ("Wärme-) Strahlung, Mikrowellen und den weiten Bereich der Radiofrequenzen.

Daß neben dem sichtbaren Licht nur die Radiostrahlung einen wesentlichen Beitrag für die erdgebundene Astronomie liefert, liegt in den Eigenschaften unserer Atmosphäre begründet, die für den Großteil des elektromagnetischen Spektrums ein opakes Hindernis darstellt. In den "atmosphärischen Fenstern" werden nur das sichtbare Licht mit einigen angrenzenden Bereichen des Infrarots und des Ultravioletts sowie kurze Radiowellen durchgelassen.

Das Radiofenster umfaßt dabei den Frequenzbereich von ca.5 MHz bis 300GHz, entsprechend Wellenlängen von etwa 100m bis herab zu 1mm. Die untere Grenze ergibt sich durch Signalschwächung in der Ionosphäre. Das Radiofenster wird im allgemeinen auch im Gegensatz zum optischen Fenster nicht durch Luftverschmutzung oder Wolken beeinträchtigt. Bei höheren Frequenzen (in der Submillimeterastronomie) jedoch können Wolken, d.h. Wasserdampf, aber auch Kohlendioxid in der Atmosphäre eine Streuung des Radiosignals verursachen. Daraus ergibt sich die obere Grenze des Frequenzbereichs und auch der Grund, warum Radioteleskope bevorzugt auf hohen Bergen und trockenen Gebieten gebaut werden.

Entstehung der elektromagnetischen Strahlung

1. Thermische Mechanismen

1.1 Kontinuierliche Emissionen im Spektrum, abhängig von der Temperatur eines Objekts

Jedes Objekt, das Wärme (Energie) enthält, strahlt diese auch ab. Körper, die alle ankommende Energie absorbieren und diese dann kontinuierlich als Strahlung wieder abgeben, nennen wir "schwarze Körper". Die Strahlung entsteht, wie in Flüssigkeiten und Gasen, durch die Bewegung der Atome; diese Bewegung ist umso schneller, je höher die Temperatur des Körpers ist. Elektromagnetische Strahlung entsteht immer, wenn elektrische Ladungen beschleunigt/verzögert werden. Wenn Atome und Moleküle zusammenstoßen, werden Elektronen aus ihrem Verband geschleudert, es entstehen bewegte elektrische Ladungen, die ihrerseits die Ursache für elektromagnetische Strahlung darstellen.

1.2 Kontinuumsemissionen ionisierter Gase

Auch ionisierte Gase emittieren Schwarzkörperstrahlung. Die extreme Form ionisierter Gase ist das Plasma, in dem die Kernbestandteile - und damit elektrische Ladungen - getrennt vorliegen und damit kollektives Verhalten zeigen.

1.3 Spektrallinienemissionen von Atomen und Molekülen

Im hier behandelten Mechanismus werden nicht Ladungen von Atomen oder Molekülen abgetrennt, sondern Elektronen ändern ihren Energiestatus im Atom selbst. Ein Elektron wird durch einen Stoß auf eine höhere Bahn, in einen instabilen Status, geführt und emittiert beim Rückfall in seinen Grundzustand ein Photon, dessen Wellenlänge der Energiedifferenz zwischen angeregtem und Grundzustand entspricht. Dies äußert sich in der Emission einer Spektrallinie. Ein Sonderfall ist neutraler Wasserstoff, in dessen Grundzustand die Drehrichtung von Protonen und Elektronen entgegengesetzt sind. Bei einem Zusammenstoß können sich die Drehrichtungen angleichen, und es entsteht ein höherer (angeregter) Energiezustand. Diese Energiedifferenz zum Grundzustand kann wieder abgegeben werden, und zwar in Form eines Photons mit einer spezifischen Wellenlänge von 21,1cm. Emissionslinien wie diese können dazu verwendet werden, Atome und Moleküle in Atmosphären anderer Himmelskörper zu identifizieren. Auf diese Art ist es der Radioastronomie gelungen, organische Moleküle zu identifizieren.

2 Nichtthermische Mechanismen

2.1 Synchrotronstrahlung

Synchrotronstrahlung ist die häufigste Form nichtthermischer Emissionen und entsteht durch die spiralförmige Bewegung geladener Teilchen in einem magnetischen Feld. Jede Richtungsänderung entspricht einer Zustandsänderung ihrer Bewegung, und stellt damit die Grundlage elektromagnetischer Strahlung dar. Die Frequenz der emittierten Strahlung ist dabei von der Geschwindigkeit des geladenen Teilchens abhängig. Bei Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit wird die Energie so hoch, daß sie auch in astronomischen Entfernungen noch wahrgenommen werden kann. Zum Aufrechterhalten synchrotroner Strahlung ist ein ständiger Nachschub hochenergetischer Teilchen nötig, wie sie von Supernovae oder Quasaren nachgeliefert werden können. Einen Spezialfall synchrotroner Strahlung stellen Pulsare dar, die entstehen, wenn ein Stern seinen Brennstoff verbraucht hat und sein Kern unter gigantischer Dichtesteigerung kollabiert. Das Ergebnis ist ein extrem dichter Neutronenstern, dessen Magnetfeld auch stark gesteigert wird. Bei rascher Rotation wird richtungsabhängig synchrotrone Strahlung, auch im Radiobereich, abgegeben.

2.2 Maser

Maser (microwave amplification by stimulated emission of radiation) treten in molekularen Wolken alter Sterne auf, wobei die Moleküle durch nahe Energiequellen in einen angeregten Zustand versetzt werden. Werden diese Wolken einem passenden Reiz ausgesetzt, fallen die Moleküle in den Grundzustand zurück und emittieren Radiophotonen. Dies wiederum beeinflußt benachbarte Moleküle, eine der Energiedifferenz zwischen Grund- und angeregtem Zustand entsprechende Photonen auszusenden, und eine kollektive Entladung entsteht in Form einer Maser-Linie. Eine externe Energiequelle ist nötig, um die Moleküle wieder anzuregen, und den Vorgang von neuem beginnen zu lassen. Auf diese Art konnten Hydroxyl-, Methanol- oder Formaldehydgruppen identifiziert werden.

Strahlung nichtthermischer Quellen ist üblicherweise polarisiert.

Quellen radiomagnetischer Strahlung

Sonne

Die Sonne ist die stärkste Radioquelle, die wir wahrnehmen. Während ihre Photosphäre das meiste sichtbare Licht emittiert, kommen aus ihr auch Radioemissionen mit Wellenlängen im Zentimeterbereich. Die Emissionen der Korona jedoch erreichen Wellenlängen im Meterbereich. Daraus ist auch ersichtlich, daß es von der empfangenen Wellenlänge abhängt, wie sich ein Himmelsobjekt darstellt. Solare Eruptionen können Wellenlängen zwischen 1m und 60m aufweisen, und die Strahlung ist zirkular polarisiert.

Jupiter

Dieser Planet stellt insofern einen interessanten Fall dar, als er mehr und andersartige (polarisierte) Strahlung emittiert, als aufgrund thermischer Ursachen zu erwarten wäre. Der Grund kann in Jupiters starkem magnetischen Feld liegen, in welchen Plasma eingefangen und dort intensiv strahlen kann.

Galaktische und extragalaktische Quellen

Während in unserer Milchstraße noch Supernovarelikte die größten Strahlungsquellen darstellen, gibt es außerhalb mit aktiven Galaxien mit Radiogalaxien, Quasaren, Blazaren und Seyfertgalaxien eine Vielzahl von Quellen. Quasare (quasistellare Radioquellen) sind die entferntesten Objekte in unserem Universum und können eine millionenfache Radiostrahlungsleistung einer "normalen" Galaxie erreichen. Blasare sind Galaxien mit sehr hellen Zentren, deren Strahlungsleistung sich in kurzen Zeiträumen ändern kann. Seyfertgalaxien sind gleichfalls starke Radioquellen, deren Strahlung Spektrallinien enthält. In all diesen Quellen stellt Synchrotronstrahlung den Hauptmechanismus dar.

Kosmische Hintergrundstrahlung

Im Gegensatz dazu ist die Kosmische Hintergrundstrahlung, die während des Urknalls freigesetzt wurde, thermischen Ursprungs. Diese Strahlung besteht im ganzen Universum.

Ein weltweites Netz

Die Intensität der Radiostrahlung, die auf die Erde trifft, ist sehr gering, und aufgrund physikalischer Gegebenheiten muß ein Radioteleskop viel größer als ein optisches Teleskop sein. Das Zusammenschalten von Radioteleskopen zu Clustern, aber auch zu weltweiten Verbünden, ist daher geboten. Der dabei angewandte Mechanismus ist die Interferometrie, wobei anlangende Signale mit hochgenauen Zeitsignalen versehen werden und - üblicherweise - offline korreliert werden und damit zu einer wesentlichen Steigerung der Auflösung beitragen.

Quellen, web-links

Der vorstehende Beitrag ist eine Zusammenfassung des Vortrages, den Dipl.Ing.Robert Vucsina (lykos27@gmx.at) am 14.Juni 2008 im Stadtlokal des Freiluftplanetariums in Wien 2, Walfischg.12 (Festsaal, ÖAV, Sekt.Edelweiß), hielt. Er entsprach damit sehr dankenswert dem vielseitigen Wunsch von Mitgliedern unserer Gesellschaft.

Österreichischer Astronomischer Verein


Astronomisches Büro, Wien