Von Hans Bernhard, Privatsternwarte Grosshadern, München BRD
Aus dem Sternenboten Heft 7/1999.
Die totale Sonnenfinsternis vom 11.August 1999 dürfte uns Mitteleuropäern bei der Beobachtung kaum Schwierigkeiten bereiten, wenn man von der Unsicherheit der Wetterlage absieht. Doch selbst bei bewölktem Himmel kann das Erlebnis immer noch sehr beeindruckend sein, wie das 1980 bei meiner Kenia-Reise der Fall war.
Dieses Mal fallen lange und umständliche Anreisen, limitiertes Fluggepäck, Durchleuchtungsschikanen beim Filmmaterial und viele andere Erschwernisse weg. Beobachter, die ihre Sternwarte in der Totalitätszone haben, könen ihre schweren Geräte einsetzen. Anreisende haben die Möglichkeit, sich schon lange vorher einen günstigen Platz in reizvoller Umgebung zu suchen. Im Auto können sie selbst ein grösseres Instrumentarium problemlos transportieren - eine Idealsituation!
Erfahrene Sonnenfinsternisbeobachter brauchen keine Tips oder Ratschläge; sie wissen alles selbst aus eigenen, bisweilen leidvollen Erfahrungen. Wenn man sich etwa zur Fotografie der Totalität zu viel vornimmt und dann in der Hektik des Zeitdrucks einiges durcheinander bringt oder vergisst, sitzt einem der Schreck in den Gliedern und beim nächsten Mal plant man anders. Wer aber nur gelegentlich am astronomischen Himmel beobachtet oder zum ersten Mal eine totale Sonnenfinsternis erlebt, sollte sich vorher gut informieren: In der Literatur, durch das Studium der neuen Astrojahrbücher, die ausführlich über die kommende Finsternis berichten und bei erfahrenen Beobachtern. Ihre gut gemeinten Ratschläge, die ja auf Erfahrung basieren, sollte man auch beherzigen!
Im Grund braucht man sich aber keine Sorgen zu machen, ob die Beobachtung erfolgreich sein wird. Wenn man keine extremen Anforderungen an die fotografischen Ergebnisse stellt und kein Mammutprogramm absolvieren will, ist alles gut in den Griff zu bekommen. Einzige Unsicherheit ist das Wetter, und wer seine Chancen verbessern möchte, reist am besten weiter nach Osteuropa oder Asien.
Nun sollen die Beobachtungsinstrumente und die Beobachtungstechnik samt den geeigneten Filmen kurz behandelt und auch etwas zum Radialverlauf-Filter angemerkt werden.
Wenn mehrere Beobachter gleichzeitig die partiellen Phasen beobachten wollen, kann das Sonnenbild auch ohne Schutzfilter durch ein Okular auf eine weisse Fläche projiziert werden.
Absolut unverzichtbar zur Beobachtung der Totalität ist ein guter Feldstecher, am besten auf ein stabiles Stativ montiert. Der Anblick der verfinsterten Sonne ist hier am beeindruckendsten!
Bei Apparaten mit Spiegelvorauslösung wird zuerst der Spiegel hochgeklappt und dann ausgelöst. Mit einem Doppeldrahtauslöser kann man gleichzeitig zwei Kameras auslösen. Erleichternd und zeitsparend ist ein motorischer Filmtransport.
Genaue Belichtungszeiten einzuhalten ist nicht wichtig. Durch unterschiedliche Sichtbedingungen müssen sowieso verschieden lange Belichtungen gemacht werden, um nach der Entwicklung die besten Bilder auszuwählen.
Empfehlenswert ist es deshalb, die Belichtungszeit-Einstellung "B" zu wählen. Durch verschieden langes Drücken des Drahtauslösers können die Zeiten variiert werden, ohne dass man im schwachen Licht der Totalität mit der Taschenlampe Belichtungseinstellungen ändern muss. überhaupt sollte man die Bedienung der Kameras soweit als möglich vereinfachen oder automatisieren. Die Totalitätsdauer von etwa 2 Minuten ist sowieso sehr kurz!
Feinkörniges, scharfes Filmmaterial von 25-100 ASA sollte man dann verwenden, wenn die Kameras nachgeführt werden. Ohne Nachführung sind Blende und Brennweite des Objektivs für die nötige Filmempfindlichkeit entscheidend, aber ohne Nachführung darf während der Totalität wegen Bewegungsunschärfe nicht länger belichtet werden bei:
Belichtungsbeispiel mittags während Totalität, Öffnungsverhältnis 1/8, Film, siehe oben: Sehr klar 25 ASA - mässig klar 100 ASA.
Diesiger oder wolkiger Himmel erfordert natürlich entsprechend längere Belichtungszeiten. Für die partiellen Phasen können die Belichtungszeiten mit Schutzfilter durch vorherige Tests an der unverfinsterten Sonne ermittelt werden.
Ausserdem sind alle guten Farbnegativfilme geeignet.
Bei sorgfältig geplanter Arbeitsweise gibt es also kaum Probleme, die totale Sonnenfinsternis zu fotografieren. Man muss nur etwas experimentieren und darf sich nicht auf eine bestimmte Einstellung verlassen. Aber das ist ja allgemein so in der Fotografie: Je mehr Variationen bei den Aufnahmen, desto grösser die Wahrscheinlichkeit eines optimalen Ergebnisses. Man sollte auch einige Male die Arbeitsabfolge in der kurzen Zeit von 2 Minuten proben!
Das ärgerte mich. Und so begann ich selbst zu überlegen, was der Amateur da machen kann. Es wäre möglich, mit dem Computer verschieden lang belichtete Koronaaufnahmen nach dem Einscannen zu kombinieren und dann das Composit zu bearbeiten. Aber ich bin kein Computerfreak uns so versuchte ich, als traditioneller Fotograf das Problem fotografisch zu lösen. Der Helligkeitsunterschied zwischen der innersten und äussersten Korona beträgt ungefähr 500:1. Also benötigen wir ein Filter, das im Zentrum, weich verlaufend, einige hundert Mal dichter ist als am Rand. Dieses Filter muss dann im Strahlengang der Aufnahmeoptik, nahe dem Kameraanschluss, zentrisch befestigt werden. Ideal sind dazu Objektive mit Steckfiltereinschub. Belichtet wird auf die äussere Korona. Die zentrale Dunkelheit des Filters verhindert dabei die extreme überbelichtung der mittleren und inneren Korona.
Anmerkung der Redaktion
Das Referat, das unser Autor im Theodor Ritter von Oppolzer Gedächtnis-Seminar "Astronomische Finsternisse" zum gleichen Thema gehalten hat, hat grosse Beachtung gefunden. Deshalb wird eine erweiterte Fassung von dessen Dokumentation hier wiedergegeben. Hans Bernhard ist als Berufsfotograf und auch durch viele hervorragende Dias in der Gebrauchssammlung des Astronomischen Büros einem grossen Kreis von himmelskundlich Interessierten wohlbekannt; einige seiner ausgezeichneten Sonnenfinsternisfotos sind im Planetarium der Stadt Wien öffentlich ausgestellt.
Aus dem Sternenboten Heft 7/1999
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